Das Pantheon

Begeben wir uns auf eine Reise durch die Geschichte und Legenden, um eines der kryptischsten Monumente der Ewigen Stadt, um den Versuch einer Erklärung seiner fast magnetischen Anziehungskraft zu wagen.

Das Pantheon ist für mich immer noch ein Rätsel. Egal, wie intensiv es studiert, observiert und analysiert wurde; bekomme ich jedes Mal, wenn ich davor stehe, das Gefühl, dass es etwas Unbeschreibliches an sich hat, das gleichzeitig extrem gewaltig und evokativ ist. Es ist nicht nur eines der am besten erhaltenen Überreste des Römischen Reiches, wir werden noch sehen, dass es viel mehr als das ist.

Das Pantheon und sein Vorplatz im Laufe der Jahrhunderte

Sollte jede Stadt eine Seele besitzen, so ist Roms Persönlichkeit stark, majestätisch und zugleich intim.  Sie ist wunderbar widersprüchlich. In Gedichten und Liedern wird Rom oft als anmutige Dame dargestellt, die Sie fasziniert und verführt, aber immer auf Distanz bleibt und Sie wohlwollend und amüsiert beobachtet, während Sie versuchen, Ihr Wesen zu erfasssen.

Die Piazza, auf der sich das Pantheon befindet, liegt an der Schnittstelle mehrerer enger und verzweigter Straßen. Unwillig, sich einem Masterplan zu beugen, wirkt das historische Viertel dieser Stadt (Pigna genannt) wie ein Labyrinth auf mich. Der Platz, auf dem das Monument steht, heißt Piazza della Rotonda (der Platz des runden Gebäudes - was natürlich das Pantheon ist), und weist eine leichte Schräge auf, was durch die unterschiedliche Anzahl von Marmorstufen um das Fundament des Brunnens, der in der Mitte steht, demonstriert wird.

Die Piazza della Rotonda und ihre Nachbarschaft wurden von vielen Gebäuden geprägt, die bis in die Zeit des Römischen Reiches zurückreichen. Ich muss immer daran denken, dass die römischen Senatoren ihre Sitzungen genau an diesem Ort abgehalten haben, als die Stadt auf dem Höhepunkt ihres kaiserlichen Ruhms war.

Jahre und Jahrhunderte später, nachdem Horden von Barbaren die Stadt heimgesucht hatten und Rom Zerstörung, Nahrungsmittelknappheit und Demütigung erleiden musste, gedieh dieser Ort dank der Überlebenden, die jetzt Bürger des Vatikanstaates sind, immer noch prächtig. Um 1600 wurde hier regelmäßig ein Fischmarkt veranstaltet, gegen den Willen des Papstes, der diesem Platz und seinem Hauptmonument die wohlverdiente Würde zurückgeben wollte.

Wagen wir einen Quantensprung. Zu Beginn des Jahres 1800 sah der Platz genau so aus, wie man ihn heute vorfindet und unter den Römern, die in dieser lebendigen Gegend lebten und arbeiteten, war auch der kluge Gioacchino Belli, der ikonische Dichter, der sich nicht davor fürchtete, sich im lokalen Dialekt auszudrücken und ihn zu den höchsten Würden der schönen Literatur erhob.

Und jetzt kehren wir zum Pantheon zurück. Bevor wir über die Geschichte des Gebäudes und seine Eigenschaften reden und in den Zauber und das Geheimnis der Legenden um es herum eintauchen, gibt es eine Sache, die mir bei jedem Besuch auffällt. Das Pantheon, mehr oder minder in der Form, wie ich es heute sehe, hat mit seiner ungewöhnlichen runden Form und der raffiniert gebauten Kuppel mehr als 2000 Jahre Geschichte miterlebt. Erbaut als Tempel zur Anbetung heidnischer Götter, wirkt es in gewisser Weise tatsächlich wie ein Kunstwerk, das von einer mächtigen und unbekannten schöpferischen Kraft inspiriert wurde.   

Geschichte: Das Hadrianische Erbe

Das ursprüngliche Pantheon wurde im Jahr 27 v. Chr. von einem mächtigen römischen Politiker namens Agrippa erbaut. Im Jahr 110 n. Chr. wütete ein verheerendes Feuer in Rom und beschädigte neben vielen anderen Gebäuden auch das Pantheon schwer. Um 120 n. Chr. beschloss Kaiser Hadrian, das Bauwerk wieder neu aufbauen zu lassen und ihm seine charakteristische runde Form mit der Säulenvorhalle (Pronao) zu geben. Die Struktur des Pantheons ist römisch, weist aber einen griechischen Einschlag auf, angefangen bei seinem Zweck. In der Tat war es im rein griechischen Stil vielen verschiedenen Göttern gewidmet.

Der Kaiser und "Philosoph" Hadrian wurde sehr vom Hellenismus des antiken Griechenlands beeinflusst. Das Gebäude vereint die Fassade im griechischen Stil mit der Pracht der großen Kuppel, die das Ergebnis der fortschrittlichen Baukunst der römischen Architekten ist.

Hadrian wollte die Größe des Römischen Reiches beweisen, aber gleichzeitig auch einen Tribut zollen für das, was er als die andere einflussreiche Kultur jener Zeit ansah, auch in philosophischer Hinsicht: Griechenland.

Hadrian bemühte sich um die Festigung der Grenzen des Reiches (zum Beispiel der Hadrianswall in Britannien) und war ein gebildeter Gelehrter, Ästhet, Musiker, Architekt und Liebhaber der schönen Künste. Seine Herrschaft war gekennzeichnet durch Tüchtigkeit, Toleranz, Frieden und die Pracht der Künste. Die Besichtigung seines Landsitzes, der archäologischen Stätte Villa Adriana (Tivoli), ist wie eine Reise in die Vergangenheit und ein Muss, wenn man sich entschließt, einen Ausflug in die Nähe der Stadt zu machen. Als Grabdenkmal wollte er ein gigantisches Gebäude errichten (die Mole Adriana), die im Laufe der Jahrhunderte immer wieder verändert und umstrukturiert wurde. Wissen Sie, wie man es heute kennt? Es ist tatsächlich die päpstliche Festung neben dem Vatikan: Castel Sant'Angelo (Engelsburg).

Im Jahr 609 funktionierte Papst Bonifaz IV. das Pantheon in eine christliche Kirche um und weihte es zu Sancta Maria ad Martyres, heute unter dem Namen Santa Maria der Märtyrer bekannt. Seit der Renaissance wird das Pantheon als Grabstätte für prominente italienische Persönlichkeiten genutzt.

Die Inschrift in großen Bronzebuchstaben an der Stirnseite liest sich wie folgt: Marcus Agrippa, Lucii Filius, Consul Tertium Fecit, was man mit Marcus Agrippa, Sohn des Lucius, dreimaliger Konsul, hat dies gebaut. Die Bronzebuchstaben der Inschrift wurden erstmals während des Umbaus durch Hadrian eingesetzt.

Hadrian setzte seinen Namen nicht auf die Stirnwand. Offenbar traf er diese Entscheidung, um den Senat nicht zu verärgern und um die Bedeutung des Augustus und seines nächsten Verwandten, Agrippa, zu feiern. 

Die Kuppel hat eine Höhe und Breite von 43,30 Metern: Sie ist eine perfekte Kugel. Die Vorhalle ist 33 Meter breit und die Mauern haben eine Dicke von 6,2 Metern. Der Oculus, an der Spitze der Kuppel, ist neun Meter breit.

Am 21. Juni, der Sommersonnenwende, richtet sich ein Lichtstrahl aus dem Oculus genau auf die Mitte des Eingangsportals, um die Verbindung zwischen Menschen und Göttern zu symbolisieren..

Beschädigungen, Plünderungen und Restaurierungsarbeiten

Das Pantheon hat viele Naturkatastrophen überstanden; es wurde aber immer wieder restauriert. Im Laufe der Jahre wurde die Bronze des Gebäudes aber geraubt und die Statuen wurden zur Gewinnung des Metalls eingeschmolzen. Die Inschrift am Pantheon wurde entfernt. Genau wie es mit dem Triumphbogen und den anderen Monumentalbauten passierte, wurde sie für den Baldachin über dem Petrusgrab, der sich im Petersdom befindet und für die Kanonen der Engelsburg eingeschmolzen.

Später wurden die Buchstaben ersetzt und die Blaupause diente als Vorlage für die Beschriftung von Kirchen und zivilen Gebäuden. Sie waren das grundlegende Modell für die heutige Welt der Typografie.

Steht man vor dem Denkmal, fällt auf, dass die letzten beiden Granitsäulen auf der linken Seite anders aussehen als die anderen. Sie wurden im Rahmen der Restaurierungsarbeiten, die 1666 stattfanden, verwendet. Die Säulen stammen aus dem inzwischen fast vollständig zerstörten riesigen Thermenkomplex, den Nero im Jahr 63 n. Chr. errichten ließ.

Myths and Legends

Im Inneren Des Pantheon Regnet Es Nicht

Obwohl der Okulus in der Mitte der Kuppel einen Durchmesser von 9 Metern hat, behaupten viele Reiseführer, dass es aus irgendeinem übernatürlichen Grund nicht ins Innere des Pantheons regnet. Tatsächlich ist da etwas Wahres dran und zwar durch ein eigenartiges physikalisches Phänomen, den sogenannten Kamineffekt. Die Öffnung erzeugt nämlich einen Aufwind, der dabei hilft, bei leichtem Regen die Tropfen zu zerstäuben. Wenn der Regen aber stärker wird, kann ich bestätigen, dass er durch die Öffnung hindurch auf den Boden des Gebäudes gelangt! In der Tat werden Sie sehen, dass direkt unter dem Oculus einige Gitter angebracht sind, die helfen, das überschüssige Wasser abzuleiten.

Die Legende Des Ersten Pantheons

Der Legende nach verstarb einer der Gründer Roms (Romulus), während er die versammelte römische Armee begutachtete. Er wurde nicht begraben, da sein Körper in den Himmel aufstieg. An eben dieser Stelle, ungefähr dort, wo sich heute der Trevi-Brunnen befindet, stand ein Monument namens Pantheon. Es gibt keine archäologischen Belege dafür, aber die Geschichte lebt immer noch weiter.

Der Teufel Und Das Loch

Nach mittelalterlicher Tradition, die von bösen Kreaturen und bizarren Monstern geprägt war, erzählte man sich, dass der Oculus an der Spitze der Kuppel durch den Teufel geschaffen wurde, der versuchte, einem solch heiligen Ort zu entkommen.

Der Geist Des Königs

Das Pantheon ist die Grabstätte des Künstlers Raffaello Sanzio und einiger italienischer Könige. Einer von ihnen, Umberto I., wurde hier nach seiner brutalen Ermordung im Jahr 1900 beigesetzt. Sein Geist wandert manchmal im Denkmal umher und näherte sich bei einer Begebenheit in den dreißiger Jahren einem Wachmann, um ihm eine Nachricht politischer Natur zu überbringen. Aus unbekannten Gründen wollte der Wächter das Geheimnis nicht preisgeben, sodass bis heute besteht. Als Beleg für die unheimliche Begegnung zeigte er einen verbrannten roten Streifen auf seiner Uniform, verursacht durch die Berührung des Geistes.   

Abgesehen von Legenden und Volksglauben ist das Pantheon ein Loblied der Kultur, der Künste und der Macht der Menschen, dargestellt in einem Tempel. Für Kaiser Hadrian kam es vermutlich dem Versuch der Menschen am nächsten, den Göttern die Hand zu reichen und sich ihres Schutzes zu versichern, und sich durch Kultur, ausgeklügelte Ausgewogenheit und heilige Kreativität selbst zu erheben.

Das Gefühl der Zugehörigkeit, das ich zu diesem Denkmal und dem Platz empfinde, geht über seinen künstlerischen Wert hinaus. Es ist letztlich eine Verbindung zu unseren Ursprüngen und zu all dem, was uns zu dem gemacht hat, was wir heute sind, im Guten wie im Schlechten.

Wie Hadrian selbst mit den Worten von Marguerite Yourcenar in ihrem außergewöhnlichen Bestseller Memories of Hadrian sagte: "Meine Absicht war, dass dieses Heiligtum aller Götter den irdischen Globus und die stellare Sphäre nachbilden möge, jenen Globus, der den Samen des ewigen Feuers umschließt, die hohle Kugel, die alles enthält."  

Das Grab von Vittorio Emanuele II.

Das Pantheon ist die Grabstätte von zwei italienischen Königen und einer Königin: Vittorio Emanuele II., Umberto I. und Margherita von Savoyen, seiner Frau und Königin.

Vittorio Emanuele gehörte zum Haus Savoyen, einer mächtigen Familie, die über das Königreich Piemont im Nordwesten Italiens herrschte. Sowohl auf politischer als auch auf strategischer Ebene spielte Piemont eine wichtige Rolle bei der Einigung Italiens, die nach einer Reihe von Kriegen, die als italienische Unabhängigkeitskriege (1848-1866) bekannt sind, vollzogen wurde. Während der Konflikte wurde Vittorio Emanuele zum König von Italien gekrönt. Die erste italienische Hauptstadt war Turin, dann, nachdem die Einigung beendet war, verlegte man die Hauptstadt nach Florenz und schließlich nach Rom.

Eine beständige Anzahl von Veteranen aus den italienischen Unabhängigkeitskriegen organisierte sich in einem nationalen Verband. Als der König 1878 starb, beschloss der Verband, ein spezielles Gardekorps zu schaffen, um den König und seine Dynastie zu ehren. Die Mitglieder dieses Vereins übernehmen ehrenamtlich die Aufgabe, die Gräber der Könige zu bewachen. Bis heute ist die Wache im Pantheon präsent. Man erkennt sie an ihrem dunklen Mantel mit dem königlichen Emblem. Auf dem Grab des Königs befindet sich neben den Symbolen des Hauses Savoyen eine einfache Inschrift: Vittorio Emanuele II., Vater der Nation. 

Der Springbrunnen des Platzes

Einfach der Brunnen der Piazza della Rotonda genannt, wird dieser Brunnen von demselben Aquädukt gespeist, das auch den Trevi-Brunnen mit Wasser versorgt. Seine breiten Marmorstufen sind zugänglich und ein perfekter kühler Rastplatz während Ihres Stadtrundgangs.  Der Brunnen wurde ursprünglich im fünfzehnten Jahrhundert erbaut und mehrere Male komplett renoviert. Die Hauptstruktur, die Sie heutzutage sehen, ist aus dem Jahr 1711 und wurde von Papst Clemens in Auftrag gegeben, der außerdem einen ägyptischen Obelisken (ca. 1200 v. Chr.) in der Mitte der Marmoranlage aufstellen ließ. Das Wasserbecken ist die einzige Erinnerung an das ursprüngliche Werk von Giacomo della Porta, einem berühmten Architekten der Renaissance.

Es gibt ein Sprichwort, welches im römischen Dialekt lautet: "Dimme 'er Pantheon, e no 'a Ritonna", wörtlich: "Sag Pantheon, nicht die Rotonda", was eine Aufforderung dazu ist, Klartext zu reden und die Dinge bei ihrem eigenen Namen zu nennen.

Öffnungszeiten

Das Monument ist jeden Tag in der Woche von 9 Uhr bis 21 Uhr geöffnet. Am 1. Januar, 15. August und 25. Dezember ist es geschlossen. Der Eintritt ist frei. Um Warteschlangen zu vermeiden, sollten Sie am besten vor 10 Uhr morgens vor Ort sein, besonders während der Hochsaison.

Reisetipps

Heute ist das Pantheon ein Haus der Andacht. Wie bei allen anderen Kirchen in der Hauptstadt gilt auch hier, dass Sie Ihre Schultern beim Betreten bedecken sollten. Kurze Hosen die über dem Knie enden, sind ebenfalls nicht erwünscht. Auch das Ausschalten Ihres Telefons gehört zum guten Ton. Die Öffnungszeiten variieren in Abhängigkeit von besonderen religiösen Feiern. Um Warteschlangen am Eingang zu vermeiden, ist es am besten, gegen 10 Uhr am Pantheon einzutreffen.

Bei großer Hitze können im öffentlichen Brunnen in der Mitte des Platzes die Wasserflaschen aufgefüllt werden.

Wenn Sie aber mehr als nur Wasser zum Durchhalten brauchen, dann gehen Sie vom Pantheon weg in die Via del Pantheon und dann in die schmale Via della Maddalena. Hier, in Hausnummer 19, befindet sich das Paradies der italienischen Eiscreme, die Gelateria della Palma, die bis zu 150 verschiedene Eissorten anbietet. Normalerweise ist sie voll mit Kunden, aber lassen Sie sich nicht entmutigen: Die Bedienung ist unglaublich schnell! Denken Sie nur daran, an der Kasse zu bezahlen, bevor Sie sich an der Theke anstellen.